Historie

Das hohe Durchschnittsalter der Mannschaft erforderte im Sommer 1954 einen Neuaufbau mit jungen Kräften. Trainer Cerha, der Höger abgelöst hatte, sah sich erheblichen Problemen gegenüber und musste Experimente wagen. 25 Akteure wechselten sich in der Elf ständig ab und erst im letzten Heimspiel gegen Quierschied konnte mit einem 6:2 die Klasse gerettet werden.
Auch im Folgejahr ließ eine Verbesserung der prekären Lage noch einige Zeit auf sich warten. Stammtorwart Jung hatte sich kurzfristig einem neugegründeten Polizeisportverein angeschlossen, was zur Folge hatte, dass Cerha´s Experimente mit einem halben Dutzend Torleuten weitergingen. Die Notlage wurde endgütig in der Rückrunde behoben, als fortan Herbert Feuerstein das Dillinger Gehäuse bewachte.
Mit dem Klassenverbleib gab es keine Probleme. Höhepunkt war am 27. Juni ein Freundschaftsspiel gegen den deutschen Altmeister SpVgg Fürth vor 2.500 Zuschauern, das die Gäste mit knappem 4:3 für sich entschieden.
Im Jubiläumsjahr zum 50-jährigen Vereinsbestehen präsentierten die Schwarz-Weißen eine ungewöhnlich junge Mannschaft, die sich unter Trainer Cerha in der Landesliga Saar einen hervorragenden dritten Abschlussplatz sicherte und für eine lange Zeit das Spielgeschehen bestimmen sollte.

Unter dem Vorsitz von Alois Backes, beruflich Richter am Amtsgericht, beging der Traditionsverein im Sommer 1956 sein großes Jubiläum. In einem Festzelt auf dem Weiß-Kreuz-Stadion konnte man auf fünf Jahrzehnte Dillinger Fußball zurückblicken.

50-jähriges Vereinsjubiläum 1956 – Festzelt Weiß-Kreuz-Stadion
Festansprache durch Präsident Schall –
links: Alois Seiwert, rechts Gründervater Fritz Heidenreich

Ohne Zweifel hatte der Verein für Ballspiele zu diesem Zeitpunkt Fußballgeschichte an der Saar und darüber hinaus geschrieben. Dies war jedoch nur möglich, weil der Verein stets auf eine gute Jugendarbeit Wert legte. Meunier, Rudolf Hector, Franz Mussler, Ernst und Paul Braun waren Männer, die nach dem Grundsatz handelten, dass nur derjenige die Zukunft hat, der die Jugend besitzt.

In der Sportwerbe-Woche gastierte der deutsche Spitzenclub 1. FC Köln mit den Nationalspielern Georg Stollenwerk, Hans Schäfer, Paul Nebus, Ewert, Taschaikowsky und Röhrig in Dillingen.

50-jähriges Vereinsjubiläum 1956
VfB Dillingen gegen 1. FC Köln im Weiß-Kreuz-Stadion

Man sollte zu diesem runden Ereignis nicht vergessen, dass der VfB damals über eine Fechtsport- und eine Tischtennisabteilung verfügte. Die Fechter, bei denen auch heute noch Namen wie Leo Stein, Karl-Heinz Lay oder Helmut Meilchen bewusst sind, vertraten die Farben des VfB in ganz Europa, sogar bei Weltmeisterschaften.
Nicht minder erfolgreich war die Tisch-Tennis-Abteilung, die bis zum Jahre 1969 im VfB verbleiben sollte. Spieler wie Marcel Barra (mehrfacher saarländischer Tischtennismeister), Fritz Schmidt, Edi Chauvin, Willi Trenz, Hans Karrenbauer, Sepp Löffler oder Werner Strauß sind bei den Freunden des weißen Zelluloidballes noch heute ein Begriff. Viele von ihnen sind dem VfB auch in der Gegenwart noch sehr verbunden.

Zu jener Zeit wurde auch dem Autor dieser Zeilen, im zarten Alter von 6 Jahren, der Fußball offenbar. Es war Großvater Josef, den sie alle im VfB nur „Urnausch-Jupp“ nannten, und der ihn an einem Sonntag dazu verlockte, auf die Papiermühle mitzugehen. Die Begeisterung wurde allerdings getrübt, als wir uns vor dem Schlachthof in der Lindenstraße in eine endlose Zweierreihe von Leuten einreihen mussten. Endlich an den Kassenhäusern angekommen, bezahlte Opa beim Kassierer meinen Eintritt mit einer Zigarre, die man damals als „20ziger-Burger-Stumpen“ bezeichnete. Es war „Liebe auf den ersten Blick“ als ich die Anlage betrat. Eine ungeheure Menschenmasse war um ein riesiges Viereck verteilt. Vom Spielgeschehen habe ich, aufgrund der Körpergröße, nicht viel mitbekommen, doch hin und wieder sah ich Dillingens Torwart Herbert Feuerstein durch die Lüfte fliegen. Er und Spieler wie Alfred Paproth, Benito Amorosi, Ernie Maurer, Philipp „Sputnik“ Spang, Ewald Weber, Heinrich Lamma, Sepp Schulz, Rudolf Maas, Benito Candidori und wie sie alle hießen, waren fortan im Bewusstsein unbesiegbare Helden. Verloren sie trotzdem mal ein Spiel, erklärte mir Opa Jupp, dass der Schiedsrichter daran Schuld hatte. Jedenfalls hatte Großvater infolge erhebliche Erklärungsnöte, mich von der Papiermühle fernzuhalten.

die Cerha-Elf im Jubiläumsjahr 1956 – Landesliga Saar
v.l.n.r. Beisitzer Schlosser, Trainer Cerha, Ehm, Micha, Lamma, Hartmann Gerhard, Maurer, Paproth, Lorson, Maas, Betreuer Scharf, Spielausschussvorsitzender Müller,
kniend: Ewen, Feuerstein, Amorosi

Nach den Jubiläumsfestlichkeiten konnte die junge VfB-Elf ihre Qualitäten unter Beweis stellen. Im Spieljahr 1956/57 waren Homburg, Friedrichsthal und die Hellas aus Marpingen ärgste Widersacher. Wir konnten die Runde mit einem beachtlichen vierten Tabellenplatz abschließen. Absolutes „Highlight“ dieser Saison war der Besuch des ungarischen Weltklassefußballers Ferenc Puskas (Real Madrid), der auf der Papiermühle gegen Friedrichsthal den Anstoß vornahm.

Weltklasse-Fußballer Ferenc Puskas im Stadion Papiermühle

Ein Jahr später, wieder hatte Ossi Müller das Trainer-Amt übernommen, hätte der VfB erneut mit dem Titel eines Saarlandmeisters Furore machen können, als die Hüttenstädter, an zweiter Stelle gelegen, im letzten Spiel einen Sieg beim SC Friedrichsthal benötigten. In diesem legendären Match, das von Fifa-Schiedsrichter Dusch (Kaiserslautern) geleitet wurde, unterlagen die Schwarz-Weißen dem SC mit 0:4 und mussten sich mit der Vizemeisterschaft begnügen.
Trost fand man wie immer mit etlichen kühlen „Bierchen“ bei Wirtin Tilly Schneiderlöchner im Vereinslokal Schlosshof in der Hüttenwerkstraße.

Danach fiel das Mannschaftsgefüge völlig auseinander. Fast alle Stammspieler hingen die Schuhe an den Nagel. Über der Papiermühle zogen schwarze Wolken auf und es folgte eine bittere Zeit des Niederganges. Zwar besaß der Verein gute Nachwuchskräfte, doch alle Bemühungen der Fußballstrategen Heinz Hartmann und erneut Ossi Müller waren vergebens. Das Niveau der Klasse war für die jungen Leute eine Schuhnummer zu groß. Im Mai 1962 war der Abstieg, nach zehn erfolgreichen Jahren, aus dem saarländischen Oberhaus Realität geworden.

A-Jugend als Westsaar-Kreismeister 1960 im Weiß-Kreuz-Stadion
(spätere 1. Mannschaft)
v.l.n.r.: Hahn, Amorosi, Volkmann, Burger H., Bach, Spreier, Mohr, Trouvain, Hector, Wirth, Gindorf, Jugendleiter Josef Birger (Kuppe)

Auch in der 2. Amateurliga konnten wir uns nur zwei Jahre halten, wobei es nicht gerade zum Vorteil gereichte, das vier Vereine im Sommer 1964 absteigen mussten und der VfB just den viertletzten Tabellenplatz innehatte. In der A-Klasse Westsaar wurde das Team direkt in die B-Klasse „durchgereicht“. Noch ganze 17 aktive Spieler standen für den Spielbetrieb zur Verfügung und die erhebliche Schuldenlast war erdrückend. Der Traditionsverein hatte den absoluten Tiefpunkt seiner Vereinsgeschichte erreicht.

Trotz vieler Anfechtungen begann Vorsitzender Alois Backes mit einem Team unentwegter VfB´ler wie Rainer Alt, Josef Burger, Fritz Dell und Heinz Spreier den Neuaufbau durch gezielte Breitenarbeit und einer intensiven Förderung der Jugend.
Nach dem „Durchreichen“ konnte der Verein in der B-Klasse Saar (hier waren mit dem SC Pachten, der DJK Pachten und der DJK Dillingen weitere drei städtische Clubs vertreten) wieder Fuß fassen.

Zum Osterfest 1966 feierten wir das 60-jährige Jubiläum mit einem ebenso umfang- wie abwechslungsreichen Sportprogramm. Ehrengast war die befreundete Mannschaft von US Ezanville, einem Zweitligisten aus der Nähe von Paris. Im völlig überfüllten Konzerthaus Zech fanden die Festlichkeiten ihren Abschluss. Die 1. Mannschaft belegte einen guten 5. Tabellenplatz in der B-Klasse.

Der Aufwärtstrend machte sich auch in den Mitgliederzahlen deutlich. Im Jahre 1966 gewann der VfB sage und schreibe 138 Neumitglieder und wurde mit 492 Mitgliedern stärkster Dillinger Verein. Auch die Jugendarbeit trug bereits Früchte. Mit Selzer, Brojetti, Dörrenbächer, Trouvain, Federspiel und Mario und Aldo Amorosi rekrutierte sich die Elf unter Trainer Gerd Scholtes fast ausschließlich aus Nachwuchskräften.
Nach vierzehn Jahren gelang dieser Mannschaft wieder eine Meisterschaft und der Aufstieg in A-Klasse Westsaar. Dem damaligen Favoriten SC Pachten gab man nach packenden Duellen letztlich das Nachsehen.

die Scholtes-Elf- Meistermannschaft 1967 – B-Klasse Saar
v.l.n.r. Spielausschuss Haubrich, Guevel, Selzer, Brojetti, Dörrenbächer, Schmitt, Trouvain, Mario Amorosi, Aldo Amorosi, Federspiel, Trainer Gerd Scholtes,
kniend: Kallmeyer, Glass, Maurer, Ternig

„Man redet wieder vom VfB“ so die Schlagzeile der Presse vom 10. Oktober 1967. In der Tat, durch das gute Abschneiden der Hüttenstädter in der neuen Klasse wurden viele Anhänger wieder vom Fußballfieber erfasst. Am Arbeitsplatz, am Stammtisch oder in Freundeskreisen waren Spielkultur und Kampfgeist der Schwarz-Weißen wieder in aller Munde. Nach der Herbstmeisterschaft als Neuling hatten wir sogar den Meistertitel ins Auge gefasst. Doch vor 1.200 Zuschauern mussten wir uns am 3. Dezember 1967 auf der Papiermühle dem hartnäckigen Widersacher Schwalbach-Griesborn und späteren Meister mit 1:2 geschlagen geben. Die Vizemeisterschaft der „Ersten“, vor allem aber die Saarland-Meisterschaft der A-Jugend wurden gebührend gefeiert. Gegen den Bundesligisten 1 .FC Kaiserslautern kam man zum Gründonnerstag 1968 zu einem ehrenvollen 1:3, wobei Junker den Ehrentreffer erzielte. Pfingstsonntag wurde der hessische Spitzenclub Hanau 93 gar mit 5:2 eliminiert.

Vizemeister A-Klasse Westsaar 1968 im „Real-Look“
v.l.n.r.: Dörrenbächer, Broietti, Cullmann, Gabriel, M. Amorosi, Husung
kniend: Schmitt, Federspiel, A.Amorosi, Maurer, Junker